Ich hab mich sehr über die große Resonanz zum Auftakt der Serie 8 Schritte, um Dich in Deinem Körper wohler zu fühlen gefreut, denn so häufig wurde noch kein Artikel auf meinem Blog gelesen oder geteilt und ich konnte hoffentlich viele Frauen erreichen, die die Beziehung zu ihrem Körper verbessern möchten!
Heute geht es weiter mit Teil 1 der Serie, dem Thema Achtsamkeit hinsichtlich der Gedanken, Botschaften und Bewertungen, die vielen von uns bezüglich Figur und Körper im Kopf herumschwirren. Mir teilweise auch noch, wenn auch leiser und weniger als früher. Denn wie gesagt: Der Prozess, neue Gewohnheiten zu erlernen, braucht Geduld, Ausdauer und Zeit.
Achtsamkeit: Was bedeutet das eigentlich?
Achtsamkeit bedeutet, den jetzigen Moment so wie er ist wahrzunehmen und Deine Aufmerksamkeit auf das zu richten, was jetzt gerade da ist. Also nicht gedanklich in Vergangenheit oder Zukunft abzuschweifen. Und das, was jetzt an Gefühlen, Gedanken, Körperempfindungen da ist, nicht zu bewerten. Sondern es offen anzusehen, ohne es ändern oder „weghaben“ zu wollen – auch wenn es sich unangenehm anfühlen mag.
Wozu soll das gut sein?
Das Training der eigenen Achtsamkeit wirkt sich im Alltag sehr positiv aus! Beispielsweise kann es:
- Stress, Angst und Depressionen lindern,
- Menschen im Umgang mit chronischen Schmerzen helfen,
- Lebenszufriedenheit und Stimmung verbessern und
- bei der Regulation von Emotionen hilfreich sein.
Neigst Du zum Beispiel dazu, bei Stress Dein Essen nebenbei „reinzuschieben“, ohne wirklich mitzubekommen, wie es Dir schmeckt und ob Du vielleicht schon satt bist, dann kann Dir das Achtsamkeitstraining helfen, wieder bewusster auf Deinen Genuss und die Signale Deines Körpers zu achten.
Und wie kann ich das üben?
Generell gibt es verschiedene Wege, um Achtsamkeit zu erlernen. Das in der westlichen Welt vermutlich bekannteste Achtsamkeitstraining, MBSR bzw. Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, stammt von Jon Kabat-Zinn. Am besten erlernt wird es in einem 8-wöchigen Kurs. Einen sehr guten Ausgangspunkt für mehr Informationen und die Suche nach Kursanbietern bietet der MBSR-MBCT Verband.
Achtsamkeit, um Dich in Deinem Körper wohler zu fühlen
Nach diesem kleinen Exkurs schlagen wir nun den Bogen zu unserem eigentlichen Thema. Ich habe drei Anregungen für Dich, wie Du Achtsamkeit nutzen kannst, um Dich in Deinem Körper wohler zu fühlen:
Beobachtung und Bewusstwerdung
Starte am besten damit, dass Du beobachtest, welche Gedanken Dir den ganzen Tag zu Deinem oder anderen Körpern durch den Kopf gehen. Du stehst morgens auf, der erste Blick in den Spiegel – Was denkst Du dann? Du ziehst Dich an und streifst die Kleidung über Deinen Körper – Was denkst Du dann? Du gehst raus und siehst andere Menschen. Fällt Dir vielleicht auf, dass Dir Bewertungen zu ihrem Aussehen durch den Kopf gehen?
Falls Du merkst, dass dir Dinge wie „Ah, Frau XY hat wohl ein bisschen zugelegt“ oder „Ich würde mit der Cellulite an ihrer Stelle aber keine Shorts tragen“ durch den Kopf gehen, dann ist es wichtig, das nicht auch noch zu bewerten á la „Oh Gott, bin ich ein schlechter Mensch, ich sollte sowas nicht denken“. Es geht bei dieser Übung nicht darum, dass Du Dich schlechter fühlst oder für deine Gedanken schämst. Sondern nur darum, neugierig zu gucken und festzustellen, was Dir automatisch so alles durch den Kopf geht. Du kannst Deine Gedanken und Bewertungen auch gern aufschreiben, denn das kann für den nächsten Punkt hilfreich sein.
Welche Botschaften stecken dahinter?
Schau Dir jetzt an, welche Gedanken und Bewertungen Du gesammelt hast. Was für generelle Botschaften stecken dahinter? Nehmen wir mal das Beispiel mit der Cellulite und den Shorts, die Botschaft könnte hier lauten „Nur wer perfekte Beine hat, darf sie auch zeigen“ oder noch allgemeiner formuliert „Unvollkommenheiten sollten versteckt und kaschiert werden“. Andere typische Botschaften, die viele Frauen mit sich herumtragen, sind beispielsweise:
- „Das dürfen nur schlanke Frauen tragen.“
- „Kein Mann findet mich attraktiv, wenn ich nicht abnehme.“
- „Nur wer schlank ist, ist liebenswert und darf glücklich sein.“
- „Dicke Menschen sind faul und haben sich nicht im Griff.“
- „Nur kurvig ist weiblich.“
Welche Botschaften kannst Du bei Dir entdecken? Es geht auch bei dieser Übung nicht darum, dass Du Dich schlecht fühlst bei dem, was Du entdeckst. Sondern wir bringen ans Licht, was sowieso schon da ist und Deine Lebensqualität beeinflusst. Nehmen wir beispielsweise mal an, Du bist Single, etwas fülliger und fühlst Dich damit unwohl. Nun verliebst Du Dich neu und gehst eine Beziehung mit einem Mann (oder einer Frau) ein, der Dich wie verrückt begehrt. Du kannst das aber nicht richtig genießen, weil Du die Botschaft im Kopf hast „Nur schlank ist wirklich attraktiv“. Oder ein anderes Beispiel: Du bist von Natur aus sehr schlank und hast recht kleine Brüste. Du hast aber die Botschaft verinnerlicht, dass „nur kurvige Figuren wirklich weiblich sind“, fühlst Dich dadurch weniger attraktiv bist und kannst ebenfalls die Zuneigung und das Begehren Deines Partners nicht richtig glauben und an Dich heranlassen. In diesen und vielen anderen Fällen stehen Dir die Botschaften, die Du mit der Zeit übernommen hast, im Weg, um Deinen Körper und Dein Leben wirklich genießen zu können. Darum ist es so wichtig, erstmal bewusst zu machen und herauszufinden, was in Dir eigentlich für Botschaften „herumspuken“.
Wo genau die ganzen Botschaften herkommen, ob Du sie aus Deiner Familie übernommen hast, von Deinem Umfeld oder aus den Medien, spielt in diesem Schritt übrigens keine Rolle. Diese Frage wird uns aber in Teil 3 der Serie noch einmal beschäftigen.
Alte Botschaften hinterfragen und Neue ausprobieren
Auch wenn uns diese Botschaften wie die Wahrheit vorkommen („So ist es eben“), sind sie es nicht. Ich persönlich mag sehr gern die Methode „The Work“ der US-Amerikanerin Byron Katie, wenn es darum geht, Gedanken und Botschaften zu überprüfen. Insbesondere wenn sie hinderlich für mich sind oder bei mir Stress erzeugen.
Bei dieser Methode nimmst Du Dir also einen Gedanken, der Dich stresst und beantwortest diese 4 Fragen:
- Ist dieser Gedanke wahr?
- Kann ich wirklich wissen, dass er wahr ist?
- Wie reagiere ich, wenn ich diesen Gedanken glaube?
- Wer wäre ich ohne diesen Gedanken, wie würde ich mich dann fühlen und verhalten?
Die ersten drei Punkte dienen mehr dem Hinterfragen und der Vierte dem Ausprobieren neuer Möglichkeiten. Machen wir das an einem konkreten Beispiel, denn das finde ich immer anschaulicher. Nehmen wir die Botschaft: „Nur schlanke Menschen sind attraktiv“. Mögliche Antworten wären dann:
- Ja, das höre ich doch überall!
- Na gut, wenn ich über den Tellerand hinaussehe, gibt es auch Völker, bei denen Fülligkeit attraktiv ist. Vielleicht ist das also nicht 100% wahr.
- Wenn ich diesen Gedanken glaube und dann mich ansehe, fühle ich mich unattraktiv, denn ich bin längst nicht mehr so schlank wie früher. Ich schäme mich dann und werde traurig. Ich frage mich, wie das passieren konnte. Ich fühle mich unter Druck, wieder abnehmen zu müssen, habe aber gleichzeitig keine Lust auf diesen Stress. Das ist wie in einer Zwickmühle und ich weiß nicht, was ich machen soll.
- Wenn ich mir vorstelle, dass dieser Gedanke einfach nicht da wäre, was wäre dann anders? Also erstens würde ich mich sehr viel befreiter und leichter fühlen und viele Dinge machen, die ich mich bis jetzt nicht getraut habe. Ich würde zum Beispiel mal wieder ins Schwimmbad gehen, denn ich mag Schwimmen, wollte mich aber nicht mehr im Badeanzug zeigen. Dann würde ich sicher auch mit einer zufriedeneren Ausstrahlung die Straße lang gehen und mich weniger fragen, was andere wohl denken, wenn sie mich sehen. Vermutlich würde mich diese neue Ausstrahlung auch attraktiver machen. Wenn ich so drüber nachdenke, vielleicht ist es ja tatsächlich die Ausstrahlung, die den Unterschied macht?
Dann gibt es bei The Work noch die sogenannte ‚Umkehrung‘, das heißt der ursprüngliche Gedanke wird umgedreht und Du schaust, wie sich die neue Variante für Dich anfühlt:
- „Nur dicke Menschen sind attraktiv“ -> Nee, das fühlt sich auch nicht stimmig an. Wie ich eben gemerkt habe, liegt es am Ende doch vor allem an der Ausstrahlung und ob sich der Mensch in seiner Haut wohlfühlt.
The Work wirkt übrigens am besten, wenn Du Dich richtig auf die Fragen einlässt und nicht nur mit dem Kopf, sondern Deinem vollen Gefühl dabei bist. Gerade bei Frage 3 ist es wichtig, achtsam zu spüren, wie Du auf den Gedanken reagierst. Um dann im Kontrast bei Frage 4 auszumalen und reinzuspüren, wie Dein Leben wohl ohne den Gedanken wäre. Die Umkehrung am Ende hat für mich etwas Spielerisches und oft auch Komisches, denn die umgedrehte Variante meines ursprünglichen Gedankens zeigt mir oft, wie skurril er eigentlich ist.
Insgesamt finde ich The Work sehr hilfreich, um mich von schmerzhaften und stressvollen Gedanken besser lösen zu können – und neue Möglichkeiten zu entdecken, wie mein Leben stattdessen auch aussehen könnte. Gerade die vierte Frage ist dabei wie ein Türöffner, der Dir und Deinem Unbewussten zeigt, dass es auch anders gehen kann. Die konkrete Vorstellung, wie es sein könnte, verbunden mit dem Einlassen in die meist befreienden Gefühle zu dieser Vorstellung senden ein Signal, durch das ein innerer Suchprozess in Gang kommt. Dieser Suchprozess führt dann häufig zu einem „Aha“-Moment, in dem Dir klar wird, wie Du das Neue umsetzen und in Dein Leben bringen kannst. Oder Dir fällt eines Tages beispielsweise auf, dass Du Dir weniger Gedanken und Sorgen um Deine Figur machst.
Probier es doch einfach mal aus, schnapp Dir einen stressvollen Gedanken oder eine Botschaft in Bezug auf Deinen Körper, die Dir hinderlich ist, und leg los! Du kannst dabei auch nichts falsch machen, keine Sorge. Und wenn du feststellst, dass The Work nicht Deine Methode ist, dann ist das auch in Ordnung 😉 Schreib mir doch in dem Fall, damit ich Dir Alternativen zeigen kann. Falls Du Dich noch eingehender mit The Work beschäftigen möchtest, kann ich Dir den Verband für The Work of Byron Katie empfehlen.
Vorschau
Bevor wir mit dem zweiten Teil „Diäten als Nicht-Lösung“ weitermachen, wird es ein Interview mit meinen beiden Praxiskolleginnen geben, die sich mit dem Thema „Berufsfindung und Neu-Orientierung im Beruf“ beschäftigen und dabei auch viele Frauen beraten. Ein wie ich finde sehr spannendes Thema, schließlich tragen Beruf und berufliches Umfeld viel zur eigenen Lebensqualität und Lebensfreude – oder auch ihrem Fehlen – bei.
Der Artikel liefert ja eine Menge Input. Hast Du vielleicht Fragen oder Ergänzungen? Dann freue ich mich auf Deinen Kommentar!
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