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Schuster, bleib bei Deinen Leisten! Oder etwa doch nicht?

Dein Beruf und Dein berufliches Umfeld haben nach oben oder unten großen Einfluss auf Deine Lebensfreude und Zufriedenheit! Doch was, wenn es im Beruflichen hakt? Ist man irgendwann nicht auch einfach zu alt, um noch mal neu durchzustarten? Um eine Antwort auf diese und andere Fragen zu erhalten, habe ich meine Praxiskolleginnen Neela Enke und Tania Wehrs zum Interview gebeten. Beide bieten Berufscoachings und einen Workshop zur Berufsfindung und Neuorientierung an und kennen sich auf diesem Gebiet sehr gut aus.

Wir drei haben übrigens Einiges gemeinsam und damit meine ich nicht nur die Praxisräume: Abwechslungsreiche Berufswege und Neuanfänge sind uns nicht fremd und wir möchten Dich ermutigen, neue Seiten und Möglichkeiten zu entdecken, und Dich bei der Umsetzung begleiten. Ich hoffe, Du findest das Interview genauso spannend wie ich als ich die Antworten gelesen habe! 🙂

„Vielleicht findet nicht jeder gleich seinen Traumjob so nach dem Motto ‚Alles ist möglich, wenn du es nur willst‘. Aber sicherlich kann jeder einen Job finden, der besser ist als der, der ihn gerade unzufrieden macht. Und dafür lohnt es sich loszugehen – egal in welchem Alter.“ (Tania Wehrs)

Interview Neela Enke+Tania Wehrs

Links: Neela Enke & rechts: Tania Wehrs

Anja: Hallo ihr zwei und vielen Dank für eure Zeit! Mögt ihr euch kurz vorstellen?

Neela: Mein Name ist Neela Enke und ich bin 35 Jahre alt. Gearbeitet habe ich schon in verschiedenen Jobs unter anderem als Gärtnerin, als Buchhändlerin und als Kellnerin. Studiert habe ich Biologie in Marburg und aus Interesse habe ich nebenbei auch ein paar Semester BWL studiert, allerdings ohne da irgendeinen Abschluss zu machen. Das Biologiestudium habe ich sehr genossen und deshalb habe ich diesem Fach dann auch noch promoviert. Nach Abschluss meiner Promotion im Jahr 2009 habe ich weiter als Wissenschaftlerin und Lehrbeauftragte an der Freien Universität hier in Berlin und an verschiedenen Forschungseinrichtungen in Frankreich, Tschechien und Schottland gearbeitet. Zusätzlich habe ich noch eine Coaching- sowie eine Mediationsausbildung und arbeite jetzt selbstständig als Beraterin vor allem für Menschen aus Wissenschaft und Forschung, aber auch für Menschen aus ganz anderen Berufskreisen.

Tania: Mein Name ist Tania Wehrs. Ich bin 45 Jahre alt und unter dem Namen ‚Schöne Aussichten Coaching‘ begleite ich Menschen dabei, ihre beruflichen Wege nach ihren Wünschen zu gestalten; passende Entscheidungen zu treffen, Barrikaden zu überwinden und sich Freiräume zu erobern. Da ich zwölf Jahre als Projektmanagerin in den verschiedensten Sparten von Kultur gearbeitet habe, kommen meine Klienten häufig aus der Kulturszene oder dem Non-Profit-Bereich. Kürzlich habe ich meine handwerkliche Ader wiederentdeckt und arbeite jetzt nebenbei ab und an als Landschaftsgärtnerin. Das hilft mir, meinen Kopf frei zu bekommen und ist ein super Ausgleich zum Coaching.

Anja: Mein Eindruck ist, dass geradlinige Berufs- und Karrierewege seltener geworden sind. Auch ihr beiden habt genau wie ich die Erfahrung gemacht, dass euer erster Beruf nicht der war, den ihr bis ans Ende des Arbeitslebens ausübt, und habt mit eurer Selbstständigkeit noch einmal neu angefangen. Wie kam es dazu?

Neela: Mir ging es schon während meiner Promotion so, dass ich immer mal wieder das Gefühl hatte, ich bin nicht am richtigen Platz. Ich war sehr gut in meiner Arbeit und natürlich hatte ich auch immer mal wieder Situationen der Überforderung aber irritiert hat mich vor allem ein Gefühl der Langeweile, so nach dem Motto: „Das soll alles sein? Für den Rest Deines Lebens?“. Inhaltlich und intellektuell fand ich meinen Beruf immer spannend, aber der Alltag hatte viele Elemente, die mich nicht begeisterten.

Mein Problem war, dass ich keine Idee hatte, was ich mit diesem Gefühl anfangen sollte, wo eine alternative Richtung sein könnte. Daher hat es auch noch einige Jahre gedauert, bis ich mich entscheiden konnte, einfach mal in eine andere Richtung reinzuschnuppern und ich begann die Coachingausbildung zu machen. Während der Ausbildung traf ich dann Tania und wir haben gemeinsam begonnen, uns Existenzen als Coaches aufzubauen, jede ihre eigene Firma. Ich habe weiter Teilzeit in der Forschung gearbeitet, aber der Spagat zwischen beiden Berufen wurde immer anstrengender. Irgendwann habe ich angefangen, darüber nachzudenken, ausschließlich selbständig zu arbeiten und meine sich gut entwickelnde Karriere in der Wissenschaft aufzugeben. Dieser Gedanke hat mich zu Anfang sehr beängstigt. Das schwerste an dieser Entscheidung war die Vorstellung, all die Energie, die ich in 10 Jahre Karriere in der Wissenschaft gesteckt hatte, verpuffen zu lassen (was so ja gar nicht stimmt) und auch all das Prestige hinter mir zu lassen, das diese Position so mit sich brachte. Trotzdem habe ich mich für die Selbständigkeit und ihre Herausforderungen entschieden und bin wahnsinnig glücklich damit. Manchmal vermisse ich die Forschung auch ein bisschen, daher mache ich noch einige kleine Projekte in meiner „Freizeit“. 😉

Tania: Mein beruflicher Weg ist ähnlich abwechslungsreich wie Neelas. Spezialisiert auf Projektmanagement im Kulturbereich habe ich über zehn Jahre internationale Projekte auf die Beine gestellt, Festivals organisiert, Tourneen gemanagt und Produktionsleitungen übernommen; im Spektrum von Theater und Tanz über Film bis Musik und Bildender Kunst. In der freien Berliner Szene war es mir immer ein Anliegen, Prozesse zu optimieren und das Miteinander besser zu gestalten. Also habe ich eine Weiterbildung im Change Management gemacht. In den verschiedensten Kontexten zeigte sich jedoch eins immer wieder: Ausgeklügelte Konzepte, Strategien oder Managementtheorien helfen nicht, wenn sie von oben verordnet werden. Veränderung findet nur statt, wenn sie von allen Teammitgliedern mitgetragen wird. Ich wollte an dieser Stelle mehr in die Tiefe gehen, um zufriedenstellende Veränderungen mitgestalten zu können. Hinzu kam meine Neugier für Menschen – was sie lieben, was sie gut können, wie sie miteinander arbeiten, was sie streiten lässt. Deshalb habe ich dann die Coachingausbildung gemacht. So habe ich neue Wege entdeckt, wie ich Projekten und Organisationen, die ich begleite, positive Impulse geben kann, und wie ich Einzelpersonen dabei unterstützen kann, ihre Position zu klären.

Anja: Ihr bietet gemeinsam einen Workshop, das sogenannte Laboratorium für Berufsgestaltung an. Worum geht es da genau?

Neela: Im Grunde genommen geht es darum Menschen zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen und sich beruflich da zu entfalten, wo ihre Fähigkeiten und Überzeugungen am stärksten sind. Wir lassen uns oft davon bestimmen, was wir zu einem anderen Zeitpunkt im Leben entschieden haben, z.B. was wir als fast noch Jugendliche mal als zukünftigen Beruf gewählt haben. Oft sind auch die Gründe und Motive, die für diese Wahl ausschlaggebend waren, gar nicht mehr aktuell. Gesellschaftlich ist auch die Vorstellung, das ganze Leben in einem Beruf zu arbeiten noch sehr tief verankert, obwohl das für viele gar nicht mehr zutrifft. Wenn jemand in seinem Beruf oder in seinem Job unzufrieden ist, möchten wir sie oder ihn locken, sich mal umzusehen, was es sonst noch so gibt.

Tania: Vielleicht findet nicht jeder gleich seinen Traumjob so nach dem Motto „Alles ist möglich, wenn du es nur willst“. Aber sicherlich kann jeder einen Job finden, der besser ist als der, der ihn gerade unzufrieden macht. Und dafür lohnt es sich loszugehen – egal in welchem Alter. Ich bin 45 und entdecke gerade, dass neben meiner Coachingtätigkeit auch meine handwerkliche und gestaltende Seite zum Ausdruck kommen möchte. Und zwar nicht nur als Hobby. Viele Leute meinen, es sei verrückt, jetzt noch einmal etwas ganz anderes zu machen. Ich sage dann immer, dass ich als Selbständige bestimmt noch 35 Jahre arbeiten werde. Warum soll sich das also nicht lohnen? Natürlich braucht man etwas Mut und Vertrauen. Man muss sich mit seinen Wünschen, seinen Werten und Fähigkeiten auseinandersetzen und die in Übereinstimmung bringen, so dass daraus eine passende berufliche Option werden kann. Im Laboratorium für Berufsgestaltung machen wir genau das. Jede/r Teilnehmer/in entwickelt eine Vision und sein/ihr persönliches Mission Statement, das auf den Punkt bringt, was der Kern des beruflichen Schaffens ist. Und wir setzen uns mit den Widerständen auseinander, denn die halten uns immer wieder ab, uns auf den Weg zu machen.

Anja: Kommen eigentlich mehr Männer oder Frauen in eure Workshops und zum Coaching? Oder ist der Wunsch, sich beruflich neu zu orientieren, ausgeglichen?

Neela: Insgesamt haben wir deutlich mehr Frauen in den Workshops und Coachings, aber es kommen auch immer wieder interessierte Männer.

Tania: Anscheinend ist es für Frauen derzeit noch leichter, sich für diese Art von Selbstreflektion zu öffnen. Aber das wird sich ändern 😉

Das nächste Laboratorium für Berufsgestaltung findet übrigens vom 28.-30.08.2015 statt! Fragen dazu kannst Du gern direkt an Neela oder Tania schicken.

Wie sieht bzw. sah Dein bisheriger Berufsweg aus? Ich freue mich wie immer auf den Austausch mit Dir!

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Anja Wermann